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Traumfänger gesucht

Gesellenstücke aus der Hauptstadt

Für den zweiten Teil der Gesellenstücke aus der Max-Bill-Schule Berlin haben wir Arbeiten zusammengestellt, die klassische Bauprinzipien fantasievoll variieren.


Das rosa gebeizte Traumzauber-Sideboard soll von Fantasie und Leichtigkeit erzählen. In massiver Brettbauweise ist das eine gewagte Herausforderung! Die mit Pigmenten getönten Bubbles aus Epoxidharz haben eine leicht konvex gespannte Oberfläche und sind minimal in die Holzoberfläche eingelassen.


Als Fenster in eine andere Welt sollen sie den Betrachter im Vorbeigehen bezaubern. Ruth Willamowski hat mit ihrem Gesellenstück den Versuch unternommen, die Sehgewohnheit eines Kastenmöbels durch Farbe und Form aufzubrechen: Birke in Rosa, Rundungen statt eckiger Flächen und Bubbles als Special Effect wollen dem Möbel einen femininen Ausdruck geben und es gewissermaßen transzendieren.

Auch wenn das nur dekorativ an der Oberfläche geschieht, ist der künstlerische Ansatz erkennbar und ernstzunehmen. In diesem Sinne weiterarbeiten hieße, das Objekt viel radikaler zu entmaterialisieren – die Bubbles deuten in die gewünschte Richtung, Dekoration allein kann das Möbel aber nicht zum Traumzauber erheben.


Carlo Larotonda versteht sein wandhängendes Lowboard in Nussbaum als Basis für ein TV-Gerät. Beides muss formal zusammengedacht werden und erklärt die monolithisch konsolenartige Ausführung mit ihren über einen Radius in die Wand geführten Seiten und der symmetrisch aufgeteilten Front.


Das Highboard von Julius Vincent Succow zeigt Anklänge an die Möbel der Shaker: Die in Amerika im 18. Jahrhundert gegründete Glaubensgemeinschaft zeichnete ein hohes Arbeitsethos und herausragende handwerkliche Fähigkeiten aus. Die charakteristische Ästhetik ihrer Möbel und Produkte gründete sich auf die Gebrauchstauglichkeit und ist bis heute Vorbild vieler Massivholzmöbel. Leichtigkeit und Symmetrie sind Eigenschaften, die auch im religiösen Sinne eine Bedeutung haben.


Fabian Jänicke setzt an seinem Lowboard Kontraste: Rund zu eckig, Holz zu Farbe, horizontal zu vertikal. Rollladen und Schubkastenblock ergänzen sich zum fließenden Mantel zwischen Ober- und Unterboden. Optisch ist das Möbel trotz asymmetrischer Teilung im harmonischen Gleichgewicht!
Flache Griffprofile unterstützen das Fugenbild. Die Schubkästen sind unterflur auf Movento-Auszügen von Blum geführt. Der selbst gefertigte Möbelrollladen besteht aus vertikalen Leisten auf einem Leinenrücken.


Kilian Posl ist an seinem Schrankmöbel aus Linde eine durchgängig leichte Anmutung gelungen, was in erster Linie der Konstruktion und Flächenaufteilung der Türen zu danken ist, deren Rahmen optisch fast verschwinden! Die Faszination des Kumiko aus der japanischen Tischlerkunst findet hier ein geeignetes Umfeld, was nicht oft der Fall ist.


Maya Brosche hat ihren Schrein in massiver Eiche ausgeführt, was seine archaische Gestalt untermauert. Stollen und Korpus könnten dennoch etwas feiner dimensioniert sein.


Amelie Meixner hat an ihrer schön gestalteten und fein gearbeiteten Malschatulle den hohen Anspruch an ein kleines Gesellenstück voll erfüllt, denn hier soll möglichst alles perfekt sein – und das ist es auch.

DDS DAS MAGAZIN FÜR MÖBEL UND AUSBAU, 11/2025, S. 92-97, dds-Redakteur Johannes Niestrath

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